workflow – Moderne Arbeitswelten in der Seestadt (03/2021)

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Moder ne A rbeit swelten i n der Seest adt

UMWELTAKTIVISTIN Namensgeberin für einen SeestadtPlatz: Wangari Muta Maathai.

Bausätze des Lebens

Wie Städtebau Klima und Gesundheit schützt und Biotech für gesundes Wachstum sorgt.


Inhalt 20

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Ressourcenschonendes Stadtleben: Klimaökonom Gernot Wagner über kurze Wege und kompakte Vielfalt als Alternative zu Versiegelung und Zersiedelung.

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Die Seestadt als Klimaschutzprogramm. Welche wichtigen Faktoren für eine lebenswerte Zukunft zusammenspielen müssen.

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Der Biotechnologie-Sektor boomt. Warum sich namhafte Player auf dem Gebiet der Life-Sciences in der Seestadt ansiedeln.

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Empfehlung! Wohin zum Afterwork?

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Fit auf Schritt und Tritt. Auf einen Spaziergang mit Frauengesundheitsexpertin Beate Wimmer-Puchinger.

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Spannende Kombination: die Kulturgarage als Ort der Bildung und Begegnung.

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What’s next? Kasnudln, Konferenzen, Kickstarter.

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IMPRESSUM: Medieninhaber und Herausgeber: Wien 3420 aspern Development AG, Seestadtstraße 27/13, 1220 Wien. Produktion: „Die Presse“ Verlags-Ges.m.b.H. & Co KG, Hainburger Straße 33, 1030 Wien. Geschäftsführung: Herwig Langanger, Rainer Nowak. Umsetzung: „Die Presse“ Spezialredaktion, Mag. Astrid Müllner, Marie-Theres Stremnitzer, BA. Koordination Wien 3420 aspern Development AG: Ingrid Spörk. Art Direction: Matthias Eberhart. Grafik/Bildbearbeitung: Christian Stutzig. Coverfoto: Luiza Puiu. Produktion: Alexander Schindler. Hersteller: Druck Styria GmbH  & Co KG. Herstellungsort: St. Pölten

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Fotos: Luiza Puiu, Mirjam Reither; Cover Illustration Wangari Maathai: Claudia Kozák;

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inen guten Ort für das ganze Leben schaffen. Heute und für die Zukunft. Das ist die Aufgabe nachhaltiger, klimafreundlicher Stadtentwicklung. Dies verlangt weites Vorausdenken, Trends zu berücksichtigen, die auch für kommende Generationen von Bedeutung sein werden ebenso wie die vielen unterschiedlichen Faktoren, die zur gesellschaftlichen, ökonomischen und technologischen Entwicklung gehören. Smarte Stadtplanung fasst all diese Ideen zu einem großen Ganzen zusammen, gestaltet mit und gibt Raum zur Entfaltung. aspern Seestadt gibt viel Raum und achtet gleichzeitig auf Minimierung beim Bodenverbrauch und auf Ressourcenschonung. Das beginnt schon, wenn das Aushubmaterial des Sees buchstäblich dazu genutzt wird, den Boden für eine ökologisch funktionierende, kompakte Stadt der kurzen Wege vorzubereiten – wie auch auf unserem Coverbild, wo Bagger die zukünftige Waterfront im Norden für die nächsten Projekte präparieren. Oder indem unterschiedliche urbane Funktionen übereinandergestapelt werden – wie Kultur und Parkplätze. Die geschickte und oft überraschende Verbindung von Gesundheit, Mobilität, Kultur und Bildung, Arbeit und vielem mehr ist deshalb hier Prinzip. Viele Facetten stadtverträglicher Wirtschaft gedeihen in der Seestadt hervorragend, von Industrie 4.0 über digitale Bauwirtschaft bis zur Biotechnologie als Zukunftsbranche schlechthin. Bei ihrer Entwicklung geht es um nichts weniger als darum, eine integrierte, smarte Stadt mit Herz und Hirn zu schaffen, die allen Mehrwert und vielen hochwertige Arbeitsplätze oder leistbaren Wohnraum bietet. Wo und wie sich Partner für zukunftsfähige Projekte finden, möchten wir Ihnen in diesem Magazin vorstellen.


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groß ist der im Oktober offiziell eröffnete Elinor-Ostrom-Park im neuen Quartier Am Seebogen. Zahlreiche Ideen engagierter Seestädter*innen flossen in die Sport- und Freizeitangebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit ein: Parkour, Bouldern oder Plätze für verschiedene Ballsportarten gehören hier nun ebenso dazu wie weitläufige Grünflächen und wettergeschützte Aufenthaltsbereiche unterhalb der U-Bahntrasse. Ein Highlight für Kids: der

Awards, Awards Mit einigen Preisen können Seestädter Unternehmen, Gebäude und Ideen aufwarten. So hat es der Nosepad für Datenbrillen des Start-ups Viewpointsystem in sich: Er überzeugte die Jury des CES Innovation Awards 2022. Der Preis wird im Jänner beim Tech Innovation Event CES in Las Vegas überreicht. Neben der Auszeichnung für das Holzhaus Hoho hat auch die temporäre Filiale des Supermarkt-Riesen Hofer einen Wienwood-Award abgeräumt und das Bildungsquartier Aspern von fasch&fuchs.architekten wurde mit dem renommierten International Architecture Award ausgezeichnet.

Facts & Figures

Fahrradspielplatz.

D-Druck Keine zwei Jahre nach der Firmengründung in der

Fotos: Luiza Puiu, Viewpointsystem, Julius Filip

Seestadt ging das Wiener Ausgestellt. Für das Tiny House „Fashion Line“ ging der begehrte Red Dot Award an den österreichisch-tschechischen Modulbauspezialisten KOMA mit Sitz in der Seestadt. Das ressourcenschondende Gebäude im Baukastensystem ist derzeit auch in der Seestadt ausgestellt und kann mit Terminvereinbarung besichtigt werden. www.fashion-line.at

Frauen bauen Stadt: Noch bis Ende des Jahres zeigt die national und international viel beachtete Open-Air-Ausstellung „Frauen bauen Stadt“ die Leistungen von 18 Architektinnen, Stadtplanerinnen, Landschaftsarchitektinnen und Künstlerinnen aus aller Welt. Eine Publikation zur Ausstellung gibt es auch. www.frauenbauenstadt.at

Unternehmen Incus mit seinem neuartigen Metall-3D-Drucker Hammer Lab35 bereits in Serie. Er soll in ökonomischer Fertigungsweise Prototypenentwicklung, aber auch Kleinserien-Produktion von Bauteilen ermöglichen. Nun testet die Europäische Weltraumorganisation ESA gemeinsam mit Incus dieses 3D-Druckverfahren für das Weltall aus. www.incus3d.com

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Gernot Wagner. Der 41-jährige Niederösterreicher (Studium an der Harvard University sowie der Stanford University, Lehr- und Forschungstätigkeiten in Harvard und an der Columbia University) lehrt aktuell Klimaökonomie an der New York University. Als Buchautor machte er sich mit „Klimaschock“ einen Namen, das ein Top 15 Financial Times McKinsey Wirtschaftsbuch des Jahres sowie Wissenschaftsbuch des Jahres 2017 wurde. In seinem jüngsten Werk „Stadt, Land, Klima“ (2021) macht er sich Gedanken über kompakte Stadtentwicklung, geißelt das Haus im Speckgürtel als Klimakiller und wartet mit überraschenden Lösungen für ein klimafreundliches urbanes Leben auf.

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Fotos: Graham (1), Luiza Puiu

Interview


Klimadenker. Ökonom Gernot Wagner lebt und lehrt in New York.

Das Ideal der kurzen Wege Was bedeutet ressourcenschonendes Stadtleben? Ein Gespräch mit Gernot Wagner, Klimaökonom und Buchautor („Stadt Land Klima“), über die Probleme von Zersiedelung und Bodenversiegelung sowie über die positive Vision einer zeitgemäßen Stadtentwicklung. Von Christian Lenoble

Was darf man sich im Idealfall unter einem innovativen, kompakten und ressourcenschonenden Stadtleben vorstellen – und was sicher nicht? Gernot Wagner: Beides ist relativ einfach mit dem Grundsatz der kurzen Wege zu erklären. Nennen wir es die 15-Minuten-Stadt. Sprich, ich sollte alles, was für mein Arbeits- und Sozialleben wichtig ist, innerhalb von 15 Minuten erreichen können – natürlich ohne Auto. Wohnung und Arbeitsplatz in unmittelbarer Nähe, wenige Gehminuten zu Supermarkt, Geschäften, Apotheke, Kindergarten oder Lokalen, um Freunde zu treffen. Das ist nicht nur angenehm, sondern auch ökologisch sinnvoll. Die Gegenthese dazu ist der Vorort, von dem so viele träumen, also das Einfamilienhaus im „Grünen“ und der Pendlerverkehr zum innerurbanen Arbeitsplatz. Das ist in vielerlei Hinsicht kein guter Trend. Menschen isolieren sich in ihren Häusern mangels bequemen, leicht erreichbaren Gemeinschaftsorten und lange (Auto-)Wege zur Arbeit oder zum Einkaufen kosten Geld und Zeit und belasten das Klima. Das ist kein zeitgemäßes Konzept für ein gutes, nachhaltiges Leben. Und da sprechen wir noch gar nicht von der Bodenversiegelung.

Sprechen wir von der Bodenversiegelung. In Österreich werden täglich 13 Hektar Boden verbaut. Was läuft falsch? Es ist unfassbar, dass in Österreich alle zehn Jahre eine Fläche von der Größe Wiens verbaut wird. Die Versiegelung muss irgendwann aufhören, weil sie die Umwelt belastet und Lebensraum zerstört. Symptomatisch

Die Versiegelung muss aufhören, weil sie Lebensraum zerstört. Symptomatisch sind Einfamilienhaussiedlungen, die aus dem Boden gestampft werden. Gernot Wagner

sind Einfamilienhaussiedlungen, die aus dem Boden gestampft werden, und das nicht selten mitten in der Pampa. Gemeinden fransen in die Landschaft aus und Straßen werden zur Anbindung gebaut. Die entscheidenden Faktoren dafür sind Reichtum und Dichte: Während Reichtum Emissionen erhöht, werden diese durch dichtes Bauen verringert. Vororte profitieren meist von relativ hohem Reichtum und relativ geringer Dichte. Worst Case also. In Vororten sind die Emissionen pro Bewohner nicht zufällig doppelt so hoch wie in der Stadt oder am tatsächlichen Land. Was ist die Wurzel des Übels? Eine Reihe von Rahmenbedingungen und jene Interessensgruppen, die davon profitieren. Die Raumordnungs- und Flächenwidmungskompetenz ist hoheitliches Recht der Gemeinden. Solange es eine Kommunalsteuer gibt, die von den Gemeinden eingehoben wird, haben diese ein Wettbewerbsinteresse daran, um Betriebs- und Wohnansiedelungen zu buhlen. So kommt Geld in die Gemeindekasse – ein „gutes“ Motiv, um passende Widmungen zu erlassen und Flächen zu verbauen, die eigentlich geschützt sein sollten. Ein anderes Grundübel ist die Reichs-

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garagenverordnung aus dem Jahr 1939 (!), in der eine Stellplatzpflicht für Automobile bei Neubauten vorgeschrieben wurde. Damals war das Ziel, im privaten Bereich den stark wachsenden Automobilverkehr zu fördern. Heute sollte man gegenteilige Ziele haben, nämlich die Reduktion des Autoverkehrs, der den Kreislauf der Zersiedelung und der Zerstörung öffentlicher Flächen ankurbelt. Ich nehme an, das scheitert am Druck der Autofahrer und ihrer Lobbys. Intelligente Mobilität und kurze Wege sind also die Kernthemen. Wie gefällt Ihnen diesbezüglich das Konzept des Stadtentwicklungsgebiets aspern Seestadt? Lassen Sie mich vorab ein Negativbeispiel in Sachen Mobilität bringen, Stichwort Tullnerfeld. Da wurde ein „gut gemeinter“ Bahnhof errichtet. Die Argumente für den Bahnhofbau waren, das Pendeln mit dem Zug zu ermöglichen. De facto ging es aber darum, die Gegend zu erschließen und Menschen den Hausbau zu ermöglich. Dass der Bahnhof weit weg von allem steht und von drei Parkhäusern umringt ist, zeigt das Absurde daran, weil es zu mehr Autofahrten, mehr CO2-Ausstoß und mehr Bodenversiegelung geführt hat. In aspern Seestadt ist das zum Glück anders gelaufen. Hier wurde das Gebiet durch die U2 schon vorab erschlossen. Das ist natürlich ein Riesengewinn in Sachen Nachhaltigkeit, wenn man so den Autoverkehr reduziert. Innerhalb des Gebiets wurde planerisch das Konzept der kurzen Wege verfolgt, und zwar vorausschauend. Geschäfte und die gesamte Alltagsinfrastruktur waren seit Beginn da. Der Immobilienmakler musste nicht durch die Straße gehen und seiner Klientel sagen: „Da wird ein Kaffeehaus hinkommen und hier später einmal ein Supermarkt. Noch steht alles leider leer. Aber das wird super.“ Sondern er konnte

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Es braucht Zeit, bis sich Räume mit Leben füllen. Entscheidend ist, ob die Voraussetzungen dafür geschaffen worden sind, dass sich Lebendigkeit entfalten kann. Gernot Wagner

Kompakte Vielfalt. Die Stadt der kurzen Wege macht Platz für Grünräume, anstatt sie zu verdrängen.

Buchtipp: Gernot Wagner, „Stadt, Land, Klima. Warum wir nur mit einem urbanen Leben die Erde retten“. Brandstätter, 200 Seiten, 22 Euro.

sagen: „Schauen Sie, das ist meine Lieblingsbar, hier gibt’s die besten Pizzas und in diesem Kindergarten ist es wirklich schön sonnig.“ So lässt sich ein neues Wohn- und Lebensquartier natürlich wesentlich besser präsentieren. Und darum geht es, um ein attraktives Stadtviertel mit kurzen Wegen zwischen Wohnen, Arbeit und Freizeit sowie einen gesunden Mix an vorhandener Infrastruktur statt leerstehender Geschäftsflächen. Damit kann die notwendige Dynamik hergestellt werden, die es braucht, um Menschen zu verleiten, hierher zu ziehen. Dazu kommen natürlich zertifizierte, gut isolierte Gebäude, ausreichend Grünflächen, Spielplätze usw. Das alles, sprich das Ideal eines modernen Stadtteils, scheinen sich die verantwortlichen Planer und Entwickler in aspern Seestadt gut überlegt und umgesetzt zu haben. Sie sprechen von Dynamik. Und dennoch kommt immer wieder medial die Kritik auf, dass solche Stadtentwicklungsgebiete zumindest in den ersten Jahren etwas leblos wirken. Das liegt in der Natur der neuen Sache. Man kann das Lebendige nicht vom ersten Tag an erfinden und neue Stadtquartiere nicht mit über Jahrzehnten organisch gewachsenen Vierteln vergleichen. Es braucht Zeit, bis sich Räume mit Leben füllen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Planer und Entwickler überhaupt die Grundvoraussetzungen dafür angelegt haben, dass sich Lebendigkeit mit den Jahren entfalten kann. Es sollen die unterschiedlichsten Gruppen – Singles, kinderlose Paare, Jungfamilien, Pensionisten – ihre Präferenzen in einem gemeinsamen Raum erfüllen können. Dann gibt es die Chance, dass etwas wächst, das auch in 30 Jahren noch lebenswert ist. Mein Eindruck ist, dass in aspern Seestadt auch diese langfristige Vision berücksichtigt wurde.


Kommentar

Warum aspern Seestadt ein tauglicher Weg ist, dem Flächenfraß Einhalt zu gebieten. Kommentar zur Nachhaltigkeit von Robert Lechner, Geschäftsführer Österreichisches Ökologie-Institut. Klimaschutz. Hier treffen zwei wichtige Aspekte nachhaltigen, urbanen Lebens zusammen: smarte Mobilität und kleiner Flächenverbrauch für Wohnen und Wirtschaft.

Robert Lechner, Geschäftsführer Österreichisches Ökologie-Institut.

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n Österreich verbauen wir täglich 11,5 Hektar fürs Wohnen, Arbeiten, die damit zusammenhängende Infrastruktur und den ganzen Rest aus Freizeit, Spaß und anderen Annehmlichkeiten. Dieser Europameistertitel der besonderen Art macht den politisch Verantwortlichen − aufgrund der in dieser Sache weltweit berechtigt vorgebrachten Argumente von Greta Thunberg & Co − keinen Spaß mehr. Das zuletzt von der nationalen Politik verlautete Ziel für 2030 ist seit zwei Jahrzehnten gleich und unerreicht. Maximal 2,5 Hektar oder 25.000 Quadratmeter pro Tag können wir uns erlauben, mehr nicht. Der seit Jahren stabile tägliche Anteil Wiens am Flächenverbrauch Österreichs beträgt 0,2 Hektar oder acht Prozent des nationalen Zielwerts für 2030. Nur der Vollständigkeit halber: In Wien lebt und arbeitet mehr als ein Fünftel der Bevölkerung. In der Seestadt liegt der Anteil an diesen 0,2 Hektar Wiens bei statistischen 263 Quadratmetern pro Tag. 240 Hektar Bauland für rund 25.000 dort lebende Menschen und 20.000 Beschäftigte soll die „Seestadt der kurzen Wege“ am Ende ausmachen. Dieses „Ende“ wird vom Baubeginn im Jahr 2010 gerechnet auch dank der Einsprüche und Besetzungen jeglicher Art vielleicht erst in 25 Jahren erreicht sein − womit wir bei den statistischen 263 m² angelangt sind (Rechenhilfe: 240 ha / 25 Jahre / 365 Tage = 263 m²). Jedes durchschnittliche Einfamilienhaus in Österreich braucht viermal so viel Fläche. Rund 19.000 dieser Häuser wurden pro Jahr zuletzt in Österreich gebaut, im Schnitt mehr als 50 pro Tag. Die Seestadt ist umfassend effizient, benötigt deutlich weniger Ressourcen als andere

Siedlungsformen. Sie ist seit Anbeginn auf Nachhaltigkeit getrimmt, wird mit strengen Anforderungen qualitätsgesichert. Womöglich gibt es ohne Berücksichtigung der Mobilität, der Bildungseinrichtungen, Arbeitsplätze und des ganzen Versorgungsrests energieautarke Wohnenklaven auf der grünen Wiese. Aber nirgendwo sonst wird auf so wenig benötigtem Raum alles bereitgestellt, was notwendig ist. Die U-Bahn gab es, lange bevor es irgendetwas anderes gab, Radwege, S-Bahn, Busse, demnächst mehrere Straßenbahnen.

Fotos: Renate Schrattenecker-Fischer, Luiza Puiu

„Dieses Land braucht die Seestadt, besser: viele Seestädte.“

Gemeinsam vorankommen. Mehr als 45.000 täglich bewegte Personen wird die Seestadt einmal ausmachen. Sobald alle Bildungseinrichtungen fertiggestellt sind, kommen wohl noch einige tausend Schüler und Studierende hinzu, ebenso wie Gäste oder Menschen aus der Umgebung, die zum Einkaufen kommen oder zum Arzt wollen. Wenn lediglich ein Fünftel der 45.000 mit dem Auto unterwegs wäre, dann machte das knapp 20.000 Fahrten pro Tag aus. Lieferverkehr für Geschäfte, Betriebe ist hier noch nicht berücksichtigt. Dafür wird es zusätzlich zum ÖV-Angebot auch die eine oder andere neue Straße brauchen. Denn die bereits vorhandenen Erschließungswege sind dicht belegt, die Bevölkerung in der Donaustadt hat sich gegenüber den 1990er-Jahren verdoppelt. Dieses Wachstum ist kein Selbstzweck, es verschafft Wien den dringend benötigten Entwicklungsraum. Wer Projekte wie die Seestadt verzögern oder gar stoppen will, erreicht vor allem eines: die Fortsetzung des Flächenfraßes mit all seinen negativen Begleiterscheinungen.

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Klimaschutzprogramm

GEBÄUDESTANDARDS

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Punkte nach TQB-Standard erreicht die Wirtschaftsagentur Wien mit ihrem Technologiezentrum Seestadt. Als Plus-EnergieGewerbeimmobilie nimmt sie eine Vorreiterrolle für die Planung und Errichtung von Gebäuden ein, die auf höchste ökologische Standards und größte Energieeffizienz abzielen. TQB steht für den TotalQuality-Building-Standard der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (ÖGNB). In aspern Seestadt wird jedes Bauprojekt vom aspern Beirat auf die Einhaltung der Mindeststandards nach den umfassenden Kriterien des TQB-Standards geprüft, dabei muss jedes Gebäude mindestens 800 von 1000 möglichen Punkten erreichen. Projekte müssen einem breiten Verständnis von nachhaltigem Bauen in den Bereichen Ausstattung, technische Qualität, Energie, Gesundheit, Komfort und Ressourceneffizienz folgen. Ein weiteres der vielen Beispiele für den hohen Innovationsgrad Seestädter Projekte ist der Bildungscampus, der Kindergartengruppen für über 230 Kinder und eine Ganztagsvolksschule mit mehr als 450 Schülern beherbergt. Dank der technischen Infrastruktur der Forschungsgesellschaft Aspern Smart City Research (ASCR) ist der Campus ein wärmeautarkes Gebäude. Die Energieerzeugung erfolgt durch Solarthermie- und Photovoltaikanlagen sowie

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Facts zu Stadtentwicklung & Klimaschutz aspern Die Seestadt Wiens ist keine Stadterweiterung im üblichen Sinn. Hier wird ein Stadtteil mit vielfältigsten urbanen Funktionen kreiert, ein Wirtschaftsstandort mit bis zu 20.000 Arbeitsplätzen und Lebensraum für mehr als 25.000 Menschen, ein neues Zentrum für den 22. Bezirk, das angrenzende Umfeld und die Centrope-Region. Im Fokus steht dabei die Nachhaltigkeit unter all ihren sozialen, ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten. Text: Christian Lenoble

Wärmepumpen. Darüber hinaus wird der Abluft, die durch Menschen und technische Geräte erwärmt wurde, Wärme entzogen. Diese Rückgewinnung der Energie birgt hohe Einsparungspotenziale. MOBILITÄT

255Kfz

pro 1000 Einwohner. In puncto Pkw-Besitz liegt die Seestadt auf Innenstadtniveau. Umgerechnet steht je ein Stellplatz für 70 % der Wohnungen zur Verfügung – und geparkt wird fast zur Gänze in Sammelgaragen. Nach dem Motto „Jeder Autofahrer ist ein Fußgänger am Weg zum Parkplatz“ wurde der motorisierte Verkehr von Beginn an eingedämmt. Die Zielwerte beim Modal Split lauten 20 % motorisierter Individualverkehr, 40 % öffentlicher Verkehr und 40 % zu Fuß bzw. per Rad.

Innerhalb der Seestadt hat umweltfreundlicher Verkehr Vorrang. Erreicht wird dies durch gut ausgebaute Radwege sowie Radabstellsysteme im öffentlichen Raum und in den Wohngebäuden (pro 30 m2 Wohnnutzfläche-Wohnbau ein Fahrradstellplatz, je einer pro zehn Arbeitsplätze und pro 100 m2 Verkaufsfläche), ein umfassendes Wegenetz für Fußgänger sowie innovative Angebote wie E-Car-Sharing und GratisLeihrad- bzw. -LastenradServices. Kernpunkt des Mobilitätskonzepts ist zudem die öffentliche Anbindung. Die U-Bahnlinie U2 als

wirtschaftlicher Motor der Stadtentwicklung erreicht den Schottenring in 22 Minuten und bietet die direkte Anbindung an die drei wichtigsten Universitäten Wiens. Auch sorgen sieben Busverbindungen, die Schnellbahn (17 Minuten von Aspern Nord zum Hauptbahnhof!) und die ÖBB-Verbindung


Bepflanzungskonzept. Die Regengärten im Elinor-Ostrom-Park...

nach Bratislava für ausgezeichnete öffentliche Vernetzung. Zwei Straßenbahnlinien kommen hinzu. GRÜNES LEBEN

Fotos: 3:0 Landschafts-Architektur, Luiza Puiu, C. Fürthner & MA 18

180.000

Quadratmeter Erholungsraum stehen in aspern Seestadt allein als Summe von Parkflächen und See zur Verfügung. Als jüngste Parkanlage wurde im Oktober der rund drei Hektar große ElinorOstrom-Park eröffnet. Zu seinen ökologischen Besonderheiten zählen am Parkrand die sogenannten Regengärten, die das anfallende Regenwasser der angrenzenden Flächen und der Hochbahn aufnehmen. Neben den Regengärten sind auch die Rasenmulden im Süden und Norden der großen Wiesenflächen wichtig: Sie haben ein Retentionsvolumen für ein 30-jähriges Hochwasser und sind mit salztoleranter Vegetation bepflanzt, um Oberflächenwasser „vorzureinigen“. Insgesamt wird in der Seestadt auf einen

Schwammstadt. Im komplexen Zusammenspiel aus unterschiedlichen Schichten und Becken wird das Wasser für das Baumwachstum unterirdisch aufbereitet und gespeichert.

ausgewogenen Mix aus vegetativen und technischen Mitteln wie Bäumen (ca. 1800 werden bis Mitte 2022 allein im öffentlichen Raum gepflanzt sein), Beschattungselementen oder Sprühnebel-Duschen sowie helle Bodenbeläge Wert gelegt, um angenehme mikroklimatische Konditionen zu schaffen. Ein eigenes Bepflanzungskonzept mit hochwachsenden Gräsersorten sorgt für hohe Biodiversität, die gemeinsam mit den Bäumen und Parkanlagen eine Art „grünes Wohnzimmer“ ergeben. Bedeutung im Sinne des Mikroklimas, des Klimaschutzes und der Verringerung der Hitzeinseln kommt den großteils extensiven Dachbegrünungen im fertig gestellten Südteil sowie den im Norden verpflichtenden intensiven Dachbegrünungen zu. SCHWAMMSTADT

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Bäume werden allein im Quartier „Am Seebogen“ größer wachsen und mehr Schattenfläche spenden, weil großflächig das Schwammstadtprinzip zur Anwendung gebracht wird. Dabei wird unter den Straßen, Abstellplätzen und Gehwegen den Wurzeln der Bäume mehr Raum gegeben, wobei zur Bewässerung auch das Regenwasser dient. Dieses wird lokal aufgenommen und gespeichert, im Gegensatz zum reinen Kanalisieren und Ableiten. Unter der Straßenoberfläche wird dafür ein Sammelbecken (Reten-

Flächenwidmung. ...und die extensive Begrünung von Dächern sind Teil des Klimaschutzprogramms.

tionsbereich) eingebaut, gefüllt mit Grobschotter, Humussubstrat und Regenwasser. Der Boden muss aufgelockert sein, um Strukturen im Untergrund zu schaffen, damit dieser von den Wurzeln erschlossen werden kann. Zugleich wird eine Wasserspeichermöglichkeit geboten, ohne dass dabei die Stabilität für Straßen und Gehwege verloren geht. Mittels dualen Tiefbeeten wird stark verschmutztes Oberflächenwasser (z. B. durch Reifenabrieb oder Salzstreuung) in den Kanal geleitet. So wird in den Retentionsbecken nur sauberes Wasser gespeichert. Die Bäume finden bei dieser Bautechnik den notwendigen Platz, um die Wurzeln weit auszustrecken und mehr Wasser zu bekommen. Das über die Blätter verdunstende Wasser trägt durch die Verdunstungskühlung zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Ein weiterer Vorteil: keine Überflutungen bei Starkregen. Im Endausbau werden knapp zwei Drittel der Seestadt ein Schwammstadt-Regenwassermanagement haben.

GESUNDER BODEN

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Quadratmeter pro Einwohner beträgt der Bodenverbrauch in der Seestadt – inklusive Wohnraum, Straßen, Wege, Infrastruktur und Geschäftsflächen! Der Wert für Gesamtwien liegt bei rund 100 m² pro Einwohner. Im ländlichen Raum weisen Gemeinden teilweise sogar einen mehr als zehnmal höheren Verbrauch auf. Experten sehen die Flächenversiegelung als eines der drängendsten ökologischen Probleme. Wird Boden „versiegelt“, also mit einer wasserundurchlässigen Schicht abgedeckt, erhöht dies die Hochwassergefahr, steigt die Grundwasserbelastung an, da weniger Schadstoffe im Boden gefiltert werden, und der natürliche Wasserkreislauf wird gestört. In Österreich werden täglich rund 13 Hektar mit Häusern, Straßen, Gewerbegebieten, Parkplätzen, Freizeitanlagen und Industriehallen verbaut, das entspricht 18 Fußballfeldern. Zielvorgabe der EU wären 2,5 Hektar pro Tag. Die Seestadt ist mit ihrem vergleichsweise sehr geringen Grad an Bodenversiegelung das Gegenkonzept zum großräumigen Flächenfraß durch Einfamilienhäuserbebauung im urbanen Speckgürtel.

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Mit Daten Biotech planen

Der Life Sciences- und Biotechnologie-Sektor boomt in Wien. Für eine zusätzliche Bereicherung der innovationsstarken Branche sorgt die Errichtung von Produktionsstandorten namhafter Player im neuen Biotech-Cluster aspern Seestadt. Von Christian Lenoble

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B

eim Vorhaben der Stadtverantwortlichen, Wien in den nächsten Jahren als Gesundheitsmetropole an die Weltspitze zu führen, spielt die Life-Sciences-Sparte eine tragende Rolle. „Ziel der Stadt ist es, das Innovationspotenzial von Spitzenforschung für Gesundheitstechnologie zur Versorgung, Diagnose und Vorsorge signifikant zu heben“, sagt Alexander Biach, Standortanwalt Wien, und verweist auf das dynamische Wachstum des Sektors in Wien. So umfasst die Life-Sciences-Branche 600 Unternehmen, Forschungseinrichtungen und weitere thematisch relevante Organisationen, die gemeinsam im Jahr 2020 rund 41.000 Personen und damit um neun Prozent mehr Menschen als 2017 beschäftigten. 2020 erwirtschafteten die Life-Sciences Unternehmen in Wien rund 13,3 Milliarden Euro. Das ist um ein Drittel mehr als vor sechs Jahren und

Fotos: LOVE architecture and urbanism ZT GmbH; Lorenz Consulting

Hotspot für die Biowissenschaft


Interview

Innovation und Kooperation Interview mit Manfred Rieger, Standortleiter des Forschungsund Entwicklungsbereichs (F&E) Takeda Österreich

Forschung. Der Spatenstich für Takeda soll im Herbst 2023 erfolgen.

entspricht dem dreifachen Umsatz der Tourismuswirtschaft vor der Pandemie. 40 Prozent dieser Unternehmen sind in Forschung, Entwicklung oder Produktion aktiv. 42.000 Studierende und über 8000 Publikationen in international anerkannten Fachzeitschriften belegen, dass Wien in den verschiedenen biowissenschaftlich und medizinisch orientierten Fächern enormes Wissen und herausragende Talente beheimatet. Als Hotspot hat sich in Wien längst auch aspern Seestadt etabliert. Der dort entstehende Biotech-Cluster und die Ansiedelung von bedeutenden Unternehmen wie Takeda, Biomay oder Hookipa legen davon Zeugnis ab. Medizinische F&E passiert auch im Technologiezentrum der Wirtschaftsagentur: Hier entwickeln etwa P+F Cardiovascular innovative Stents und Gefäßprothesen.

Was schätzt ein Unternehmen wie Takeda, das mit rund 29 Milliarden US-Dollar globalem Umsatz zu den weltweit führenden Arzneimittelherstellern gehört, am Standort Österreich und insbesondere an Wien? Wir schätzen, dass Österreich für Sicherheit, wirtschaftliche und politische Stabilität steht. Und wir schätzen an Wien die Versorgungssicherheit, das öffentliche Verkehrsnetz, das Ausbildungsniveau der Menschen, die universitäre Landschaft, die lebendige Start-up-Szene und anderes mehr. Wien gilt nicht umsonst seit vielen Jahren als eine der lebenswertesten Städte der Welt. Für uns als Unternehmen ist es besonders wichtig, Zugang zu Talenten zu bekommen bzw. mit anderen innovativen Unternehmen und der Wissenschaft zusammenarbeiten zu können. Auch dafür ist Wien ein wunderbarer Unser Labor Platz. Dieses Umfeld ermöglicht es uns, die Welt immer wieder aus neuen Perspektiven zu der Zukunft betrachten, eigenes zu hinterfragen, von anderen zu lernen, aber auch selbst Impulse weiterzuin der geben. Sie haben sich auf der Suche nach einem Seestadt ist weiteren F&E-Standort kürzlich für aspern das größte Seestadt entschieden. Wie kam es dazu? Der Entscheidung ist eine lange intensive F&EBeschäftigung mit dem Standortthema vorausgegangen. Wir wurden dabei tatkräftig von der Investment Standortagentur der Stadt Wien unterstützt. Wir Takedas in hatten mehrere Optionen, die wir nicht nur selbst unter die Lupe genommen haben, sondern auch Österreich. von internationalen Agenturen beleuchten und bewerten ließen. Immer in Hinblick auf das, was Manfred Rieger für unser Unternehmen besonders zählt – sprich ein internationales Themenumfeld, eine openminded Geisteshaltung, eine gute öffentliche Anbindung, ein Platz, der uns dabei unterstützt, unsere Nachhaltigkeitsvision umzusetzen, und eine in allen Belangen möglichst perfekte Infrastruktur. Zu Letzterem gehören auch die Studentenwohnheime, Apartments für Gastprofessoren, Hotels, Kindergärten und Schulen in der Seestadt. Dabei geht es um die Zufriedenheit und das Wohl der Mitarbeiter. Im Fokus stand natürlich ebenso ein ideales Grundstück, auf dem man später weiter wachsen kann. Dieser Such- und Auswahlprozess hat rund eineinhalb Jahre gedauert. Die Wahl fiel auf die Seestadt, weil das Gesamtpaket hier unsere Ansprüche am besten erfüllt hat.

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Interview

Über Takeda Gegründet 1781 in Japan, global 50.000 MitarbeiterInnen an 80 Standorten, 29 Milliarden US-Dollar globaler Umsatz. 2020 größter Pharmaarbeitgeber mit rund 4500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Österreich; mehr als 200 davon arbeiten im Forschungs- und Entwicklungsbereich (F&E). F&E-Themenschwerpunkte: Onkologie, Neurowissenschaft, Gastroenterologie und seltene Erkrankungen. 2020 und 2021 wurde Takeda in Österreich als Top Employer und Great Place to Work ausgezeichnet. www.takeda.com/de-at/

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Forschung für Patienten Interview mit Roman Necina, Chief Technology Officer Hookipa

Welche Kriterien sind für ein biopharmazeutisches Unternehmen wie Hookipa bei der Standortwahl maßgeblich? Als biopharmazeutisches Unternehmen, das eine neue Klasse von Immuntherapien entwickelt, ist für Hookipa vor allem wichtig, dass wir unsere Forschung im Sinne des Patientennutzens forcieren können. Zentral dafür ist, die Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu reduzieren – deshalb auch die Entscheidung, unseren ersten eigenen Produktionsstandort zu errichten. Warum in Österreich? Hier gibt es eine jahrzehntelange Tradition der Impfstoffherstellung und deshalb viele hochqualifizierte potenzielle MitarbeiterInnen. Zusätzlich gibt es ausgezeichnete universitäre und nicht universitäre Ausbildungsstätten hierzulande. Die geografische Nähe zu unserer Zentrale, die sich im 3. Wiener Gemeindebezirk befindet und einen Forschungsschwerpunkt hat, ist ebenfalls ein sehr wichtiges Kriterium, um unsere Projekte schneller vorantreiben zu können. Außerdem muss das Umfeld passen – zu nennen sind hier beispielsweise gute Erreichbarkeit, gute Infrastruktur und ein Netzwerk an anderen Pharmaunternehmen. Was schätzen Sie an Wien als Biotech-Metropole? Wir haben als Hookipa unsere Wurzeln in Wien und schätzen bereits seit mehr als zehn Jahren diesen BiotechStandort im Herzen Europas: Die Voraussetzungen sind optimal – neben einem sehr guten Ausbildungsangebot gibt es einen großen Pool an Personen mit langjähriger Erfahrung. In Wien haben sich viele innovative Unternehmen in unserem Tätigkeitsbereich angesiedelt, was den Know-how-Austausch fördert. Die Infrastruktur in der Bundeshauptstadt ist ohnehin top. Auch eine

Wir sichern uns auf Jahre hinaus einen Wettbewerbsvorteil. Roman Necina

Fotos: aspern Die Seestadt Wiens, Wien 3420 AG, APA Fotoservice, Schedl Fotograf/Ludwig Schedl, beigestellt

Die konkreten Pläne von Takeda in der Seestadt? Wir begründen hier einen rein für Forschung und Entwicklung gedachten Standort, kein Produktionsgebäude. Wir werden an neuen Therapieformen arbeiten und uns auf die Bereiche Biologika, Gentherapie und biologische Produktentwicklung fokussieren. Themenschwerpunkte sind die therapeutischen Anwendungsgebiete in Onkologie, Neurowissenschaft, Gastroenterologie und seltene Erkrankungen. Ein großer Fokus liegt zudem auf der Digitalisierung, der mit einem Labor der Zukunft umgesetzt wird. Da geht es auch um Robotik, Augmented Reality, künstliche Intelligenz und Simulationen von Prozessen mittels digitaler Zwillinge. Um diese Felder in der Wissenschaft voranzutreiben, wird das neue Gebäude in der Seestadt internationale Maßstäbe setzen. Wir wollen hier diesbezüglich eine weltweite Vorreiterrolle innerhalb des Takeda Konzerns übernehmen. Erkenntnisse, die wir gewinnen, werden später etwa an Takeda Zentren in den USA oder Japan ausgerollt. Das Gebäude mit zwei Unter- und fünf Obergeschoßen folgt einem flexiblen und modularen Ballroom-Konzept, wird etwa 25.000 Quadratmeter groß sein und rund 250 hochqualifizierten Forschern und Entwicklern einen Arbeitsplatz bieten. Die Hälfte der Nutzfläche ist für Laboreinrichtungen vorgesehen, der Rest besteht aus Büro-, Besprechungs- und Gemeinschaftsräumen. Selbstverständlich werden Errichtung und Betrieb strengste ökologische Kriterien erfüllen. Das in der Seestadt eingesetzte TQB (Total Quality Building)-Punktesystem der ÖGNB (Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen) war dabei eine wertvolle Orientierungshilfe. Die TQB-Zertifizierung umfasst Ansprüche auf Barrierefreiheit und Komfort aber vor allem auch viele ökologische Gesichtspunkte – von einer ressourcensparenden Energieeffizienz und der Nutzung nachhaltiger Energiequellen bis zu Begrünungen und Gartenräumen, die im Stil des Takeda Gartens in Japan gestaltet werden. Dass das neue Gebäude ein Green Building wird, passt gut mit den Nachhaltigkeitszielen von Takeda und jenen der Stadt Wien zusammen. Im Moment sind wir noch in der Phase der Gebäude-Detailplanung. Die Entwürfe sollten Mitte 2022 fertig sein. Mit dem Spatenstich ist Mitte 2023 zu rechnen, mit der Bezugsfertigkeit und dem Start des operativen Geschäfts spätestens Mitte 2025. Fest steht aber schon jetzt: Unser Labor der Zukunft in der Seestadt ist mit einem dreistelligen Millionenbetrag das größte F&E-Investment Takedas in Österreich.


attraktive Förderlandschaft im Pharmabereich spricht für Österreich und insbesondere Wien. Was war insbesondere für die Ansiedelung in der Seestadt ausschlaggebend? Für Hookipa sind mehrere Gründe entscheidend gewesen: Die Seestadt Aspern ist sehr gut an das Verkehrsnetz angebunden und von der Hookipa-Zentrale am Vienna BioCenter gut erreichbar. Zudem wird hier eine tolle Infrastruktur geboten – Wohnraum, Kindergärten, Schulen, Restaurants oder Einkaufmöglichkeiten, um nur einige Benefits zu nennen. Ein weiterer Pluspunkt: In direkter Nachbarschaft siedeln sich auch andere Pharmaunternehmen an und wir hoffen auf regen Austausch! Was erwarten Sie sich von der neuen Produktionsstätte? Wir errichten auf einer Fläche von 4500 Quadratmetern in der ersten Ausbaustufe ein Produktionsgebäude mit Qualitätskontrolllabors und Bürobereichen. In einer weiteren Ausbaustufe wird der Standort um ein zusätzliches Produktionsgebäude sowie ein Multifunktionsgebäude mit Forschungs- und Entwicklungslabors erweitert. Mit Ausnahme der Abfüllung der Substanzen wird die gesamte Prozesskette in der neuen Anlage abgearbeitet werden. Damit bleibt ein Großteil der Wertschöpfung in Österreich. Wir werden hier in den kommenden Jahren hundert neue Arbeitsplätze schaffen, die dem Wirtschaftsund Forschungsstandort Wien zugutekommen. Wir erwarten uns, langfristig Kosten senken, Entwicklungszyklen reduzieren und Versorgungsengpässen vorbeugen zu können. Außerdem bleibt so die Lernkurve im Unternehmen, was uns in den nächsten Jahren weiterhin einen Wettbewerbsvorteil sichert.

Hochqualifizierte Absolventen Interview mit Hans Huber, CEO Biomay

Was sind für ein Unternehmen wie Biomay die entscheidenden Parameter bei der Standortwahl? Generell ist die Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal wohl der wichtigste Standortfaktor für ein dynamisches Biotechunternehmen wie Biomay. Ein attraktives Umfeld mit ausreichender Nahversorgung und guter Verkehrsanbindung ist vor allem für die Mitarbeiter wichtig. Sowohl für unsere Eigentümer als auch unsere Kunden ist entscheidend, dass die Firma das Potenzial für wirtschaftliches und räumliches Wachstum vorfindet und heben kann. Wie schätzen Sie Wien als Biotech-Standort ein? Wien ist eindeutig ein Biotech-Standort von internationaler Relevanz, mit vielen Unternehmen in allen Größenordnungen. In unserem eigentlichen Geschäftsbereich – der produzierenden biopharmazeutischen Industrie – sind im Wiener Großraum neben Biomay eine Reihe an international orientierten Firmen angesiedelt, um mit Boehringer-Ingelheim, Takeda, Pfizer oder Polymun nur einige Beispiele zu nennen. Diese kritische Masse ist nicht durch Konkurrenz, sondern vielmehr durch Kooperation und Interaktion geprägt. Wichtig und kennzeichnend für den Biotech-Standort Wien ist, dass es hier vielfältige Angebote hinsichtlich universitärer Ausbildung und Forschung gibt. Dadurch stehen

Über Hookipa Hookipa Pharma Inc. wurde 2011 in Wien gegründet. Das biopharmazeutische Unternehmen im klinischen Stadium entwickelt eine neue Klasse von Immuntherapeutika, die das körpereigene Immunsystem umprogrammieren. Firmenzentralen im Vienna BioCenter in St. Marx in Wien und in New York, insgesamt 130 Mitarbeiter. Seit Oktober 2021 ist die Errichtung des Produktionsstandorts in aspern Seestadt in Gang. www.hookipapharma.com

Wir fühlen uns in der Seestadt sehr willkommen. Hans Huber

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Statement uns am Arbeitsmarkt hochqualifizierte Absolventen zur Verfügung. Die Stadt Wien fördert und erweitert seit vielen Talentebindung in der Jahren die Life-Sciences-Sparte, was ganz wesentlich zur Seestadt Ermöglichung und Ausbildung des Biotech-Clusters Wien geführt hat. Warum haben Sie sich für die Seestadt entschieden? Die Seestadt ist ein repräsentativer und urbaner Standort. Dieses Umfeld vermittelt unseren internationalen Kunden und Partnern die Modernität, für die auch die Biomay steht. Wir fühlen uns seitens der Seestadt-Betreibergesellschaft von Anfang an willkommen hier. Wir werden mit unseren individuellen Anliegen bestens unterstützt. Ein wichtiger Faktor für die Standortwahl war zudem, dass unser Grundstück einen weiteren Ausbau und somit eine Geschäftsausweitung zulässt. Schon beim ersten Eindruck war wichtig, dass die Seestadt einen guten Anschluss an das Wiener U-Bahnnetz hat. Für uns war nicht primär eine zentrale Lage Johannes Sarx und Philipp Hainzl, entscheidend, sondern ein guter Verkehrsanschluss an das die Geschäftsführer der Wiener Life Sciences Stadtzentrum. Während die öffentliche Erreichbarkeit sehr Plattform LISAvienna über die Bedeutung gut ist, muss jetzt noch die Anbindung an den städtischen attraktiver Rahmenbedingungen in der Seestadt Individualverkehr verbessert werden. Welche Aktivitäten planen Sie im neuen Headquarter? Das vollintegrierte Produktionsgebäude mit einer Gesamtfläche von etwa 4000 Quadratmetern wird mit Anlagen für die Herstellung innovativer Biotech-Produkte für die pharm Auftrag des Bundesministemazeutische Industrie ausgestattet und in erster Linie der riums für Digitalisierung und Auftragsproduktion von Biomolekülen dienen. Ein speziell Wirtschaftsstandort und der gewidmeter Teilbereich des neuen Gebäudes ermöglicht die Stadt Wien trägt LISAvienna zur Herstellung von personalisierten Arzneimittelchargen. Wir Weiterentwicklung der Life Sciences gehen davon aus, die Herstellungskapazitäten im Hinblick in Wien bei. Unterstützt werden auf Chargengröße und Bioreaktorvolumen verzehnfachen innovative Biotechnologie-, Pharma-, zu können. Die Anzahl der hochqualifizierten Mitarbeiter Medizinprodukte und Digitalwird sich von aktuell 50 auf rund 100 Health-Unternehmen in Wien, die erhöhen. Wir produzieren bereits heute neue Produkte, Dienstleistungen und für Unternehmen, die hoch innovative Verfahren entwickeln und auf den Behandlungen in den Bereichen Gen- und Markt bringen. Die Plattform vernetzt Qualitativ hochwerZelltherapie, CRISPR/Gene-Editing und diese Unternehmen mit EntwickmRNA-Vakzinierung entwickeln. Unsere lungspartnern und Leitkunden. tige und architektogesteigerten Chargenkapazitäten und ein Johannes Sarx von der Austria ausgeweitetes Angebotsspektrum bieten Wirtschaftsservice und Philipp nisch ansprechend unseren Kunden eine langfristige PerspekHainzl von der Wirtschaftsagentur gestaltete Infrastruktive von der Produktentwicklung bis zur Wien leiten gemeinsam die Wiener Marktversorgung. Die Produktion soll Ende Life Sciences Plattform und stellen tur am Arbeitsplatz, des ersten Quartals 2022 beginnen. fest: „Ein großer Pool an top ausgebildeten Fachkräften macht moderne KinderWien zu einem besonders attraktiven gärten und Schulen, Standort für biopharmazeutische Unternehmen. Dank der erstklaseine breite Palette sigen Lebensqualität gelingt es den Über Biomay Wiener Unternehmen, Talente aus an Restaurants und Das Wiener Biotechnologie-Unterdem In- und Ausland anzuziehen. nehmen Biomay AG ist seit mehr als schöne Wohnmögeinem Jahrzehnt als international Hochqualifizierte Beschäftigte finden ausgerichteter, biopharmazeuin Wien und in der Seestadt die lichkeiten tragen tischer Auftragshersteller und besten Rahmenbedingungen vor und -entwickler tätig. Zu den Kunden schätzen besonders die gute Erreichebenfalls dazu bei, zählen Start-ups, mittelgroße barkeit mit öffentlichen Verkehrsmitpharmazeutische Betriebe und Talente nachhaltig an teln. Mit U-Bahn und S-Bahn ist man Großunternehmen, vornehmlich aus in weniger als einer halben Stunde Wien zu binden. Europa und den USA. direkt im Stadtzentrum.“ www.biomay.com LISAvienna

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www.lisavienna.at

Fotos: LISAvienna Beranek

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Empfehlung Gut schlafen. Im Hoho Wien ist das Vier-SterneHotel Dormero eingezogen.

Medium? Well done? Ripperl, Steaks und Burger bei Shelly's Ribs.

Wohin zum Afterwork? Die Familie zu Besuch? Freunde treffen für gemeinsame Action? Auf einen Drink mit Kollegen? Tipps für das Feierabend-Socializing und Schöner-Schlafen in der Seestadt.

Fit bleiben. Klettern mit Kraft und Köpfchen in der Boulderbar.

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Fotos: Luiza Puiu

ahlreiche Sportstätten, Bars und Restaurants bereichern des Hoho Wien zehn Coaches, Group Fitness, Krafttraining, ein Wellnessbereich und eine Snack- und Juicebar für ganzlängst das Leben in der Seestadt. Wer Sport, gute Musik heitliches Wohlbefinden. und Bar-Ambiente für die perfekte Kombination hält, dem sei die jüngste Neueröffnug in der Seestadt wärmstens Proteinreichen Nährstoffnachschub bekommt man im empfohlen. Auf mehreren Ebenen können in der Boulderbar Erdgeschoß an selbiger Adresse. Dort ist Shelly's Ribs eingeganz frische Griffe jeden senkrechten Schwierigkeitsgrads Zug zogen. Ein Steakrestaurant, dessen herzhafte Burger und saftige Ripperln Geschäftsreisende in Deutschland bereits um Zug ausprobiert oder – etwas weniger anstrengend – von der Bar mit Blick auf die Kletterwand erst einmal bei den anderen an einigen Standorten zu schätzen gelernt haben: Es gehört zur deutschen Businesshotelkette Dormero, die nun auch in Sportlern studiert werden. Konzentration und Kontemplation der Seestadt in den Etagen neun bis 22 des Hoho Wien mit zugleich versprechen die bunten Wände, auf denen in jedem Winkel der Boulderbar gekraxelt werden kann. Dazu gibt 143 Zimmern, Apartments, Suiten, Seminar- und Tagungses Leihausrüstung, Outdoorbereiche zum Luftschnappen, räumen aufwartet. Die Gäste des Vier-Sterne-Hotels haben einen Kinderbereich für die Kleinsten, Snacks im Gate 9 Health Club freien Zutritt. Ein Zuhause auf Zeit, teils mit Balkon und und isotonische Erfrischungsgetränke von Terrasse ausgestattet, bieten auch die FeelFritz-Kola bis zum Boulderbier. Eigene Kursprogramme für Angänger und Fortgeschrittene good Apartments, deren zwischen 20 und Zum Durchklicken, können dazugebucht werden. 109 Quadratmeter große Smart-Living- und reservieren, anmelden: Green-Living-Einheiten an zwei unterFreunde einquartieren. Wer zum Schwitzen lieber auf dem Boden bleibt, der findet im Gate 9 Health Club Holistic Fitness. Auf 1500 Quadratmetern sorgen im 2. Obergeschoß

boulderbar.net/seestadt www.dormero.de/hotel-wien feelgood-apartments.at gate9healthclub.at

schiedlichen Standorten zu finden sind. Ihre gemeinsame FeelGood-Rezeption am Maria-Trapp-Platz hat für alle Anliegen ihrer Gäste immer ein offenes Ohr.

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Spaziergang

Beate WimmerPuchinger ist Präsidentin des Bundesverbands Österreichischer Psychologinnen, baute die Frauengesundheitszentren F.E.M./F.E.M.Süd auf, war Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien und leitete den Aktionsplan Frauengesundheit des BMGF/Bereich „Frauen im Erwerbsalter“.

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Gesundheitsexpertin Beate Wimmer-Puchinger macht Lust auf Bewegung, Achtsamkeit und Gesundheit. Auf einem Spaziergang durch die Seestadt zeigt sie uns Ideen, Initiativen und Plätze, die fit und gesund halten. Von Theresa Steininger 16 aspern workflow

Die Menschen fragen. Aber der Reihe nach: Vor rund vier Jahren war Wimmer-Puchinger, die eigentlich am anderen Ende Wiens daheim ist, aber sichtlich einen Narren an der Seestadt gefressen hat, mit Gerhard Schuster, dem CEO der Seestädter Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 aspern Development AG, darüber ins Gespräch gekommen, was einem

Fotos: Luiza Puiu

Die Fitmacherin

er mit Beate WimmerPuchinger durch die Seestadt spaziert, möchte am liebsten sofort zu sporteln beginnen. Etwa, wenn die PublicHealth-Expertin und Initiatorin der Plattform gemeinsam gesund – das gesundheitsnetzwerk der seestadt auf die neu gebauten Sportplätze im ElinorOstrom-Park hinweist, wo gerade zwei Jugendliche Basketball spielen. Selbst schlechtes Wetter konnte dem Spaß der Buben dort keinen Strich durch die Rechnung machen, sind sie doch durch die U-Bahn-Trasse über ihnen vor Regen geschützt. Oder wenn WimmerPuchinger an den zahlreichen FreiluftTurngeräten vorbeikommt, an denen man gezieltes Training betreiben oder auch einfach zwischendurch ein paar Beinpressen ausprobieren kann. Erst recht kommt man auf den Geschmack, sich wieder ordentlich zu bewegen, wenn die Psychologin und FrauenGesundheitsspezialistin durch die Janis-Joplin-Promenade geht, wo das Projekt „Stiegenfit“ startete. Und man bekommt Lust, mal wieder ganz auf den eigenen Körper zu hören, wenn sie von Achtsamkeitsschulung sowie von vernetzter Betreuung durch Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter und viele mehr erzählt.


Hannah-Arendt-Park.

Elinor-Ostrom-Park.

Schnell einmal die Slackline aufspannen.

Raum für Basketball, Bouldern, Kletterparcours.

neuen Stadtteil wie der Seestadt guttun könnte. Hat sie doch als ehemalige Frauengesundheitsbeauftragte der Stadt Wien und als Psychologin vielfältige Erfahrungen dazu. Im ersten Schritt stapften im eisigen Winter 2017/18 Studierende durch die Seestadt, um die Bewohner und die Stakeholder über den Gesundheitsstatus der Bevölkerung zu befragen. Auf Basis der Ergebnisse kreierte man dann zahlreiche Maßnahmen – alle mit einem gemeinsamen Ziel, wie Wimmer-Puchinger erklärt: „Dass die Seestädterinnen besser Bescheid wissen, was sie für ihre Gesundheit tun können – und sich auch mehr darum kümmern.“

Beinpressen. Die Fitnessgeräte laden zu Einheiten im Vorbeigehen ein.

Der Schwerpunkt bei den Gesundheitszentren ist: Miteinander statt nebeneinander. Beate Wimmer-Puchinger

Kompetenzen vereinen. Vernetzung spiele dabei eine große Rolle, sagt Wimmer-Puchinger, als sie gerade an der ergopraxisaspern in der Maria-TuschStraße vorbeikommt. Ihr großes Anliegen ist es, die Gesundheitsdienstleister der Seestadt untereinander zu vernetzen, damit sie noch enger zusammenarbeiten: „Wenn ein Patient Diabetes hat, soll er nicht nur wegen Adipositas behandelt werden, sondern auch ein Bewegungsund Ernährungsprogramm zusammengestellt bekommen. Es geht uns darum, dass Mediziner, Yogatrainer, Physio- und Psychotherapeuten, Ergotherapeuten und viele mehr ganzheitlich denken und kooperieren.“ Dazu hat man ein „Gesundheitslabor“ ins Leben gerufen, das Impulse für mehr Austausch geben möchte: „Das brauchte anfangs Zeit, aber wir merken, dass hier schon viel Vertrauen zueinander gefasst wurde.“ Außerdem biete man allen, die in der Seestadt im Gesundheitsbereich arbeiten, von Therapeutinnen über

Sprechstundenhilfen bis zu Ärztinnen, „spezielle Kommunikationstrainings an.“ Die ergopraxisaspern ist für WimmerPuchinger ein Paradebeispiel dafür, wie man niederschwellig aktiv wird: Im Hannah-Arendt-Park wurden und werden „Hofspiele“ organisiert, die mit einfachem Material dazu einladen, in die Welt des Spielens einzutauchen – und die von Ergotherapeutinnen kostenfrei betreut werden. „Schon der erste Termin wurde ideal angenommen, wir freuen uns auf die nächsten Male“, so Wimmer-Puchinger. Generell legt man viel Wert darauf, vor allem auch Kindern Bewegung und Gesundheitskompetenz näherzubringen. „Anteilsmäßig ist die Seestadt der kinderreichste Stadtteil Wiens, da ist es uns ein besonderes Anliegen, sie fit und gesund zu halten.“ Und

dabei zählen für Wimmer-Puchinger nicht nur die vielen kreativ gestalteten Spielplätze, die die Seestadt zu bieten hat und auf denen sich die Kinder und Jugendlichen auf Trampolinen, Skaterampen und Spielgeräten austoben. Gerade kommen wir am „Leuchtturm“ vorbei, dem Mehrgenerationen-Wohnprojekt in der Barbara-Prammer-Allee. „Hier entsteht ein Kindergesundheitskompetenzzentrum, in dem sich zwei sehr engagierte Kinderärztinnen mit anderen Berufsgruppen verbinden möchten, um Kindergesundheit ganzheitlich zu betrachten. Hier wird alles Thema sein, was Kindergesundheit ausmacht – es wird einmalig“, sagt Wimmer-Puchinger und ihre Augen leuchten. Was sie gleich zu einem weiteren Projekt führt, das ihr am Herzen liegt: Ein Primärversorgungszentrum direkt in der Seestadt ist ihr Wunsch für die nächste Zukunft. „Wir möchten hier ein Zentrum entwickeln, das verschiedenste Gesundheitsberufe unter einem Dach vereint und wo die allerneuesten Erkenntnisse umgesetzt werden. Der Schwerpunkt ist: Miteinander statt nebeneinander! Wir haben hier schon die Fühler ausgestreckt und Zugänge zu den Finanzierungstöpfen sind vorbereitet.“ Buddies finden. Aber nicht nur an einem Vernetzen der Gesundheitsdienstleister, sondern auch innerhalb der Nachbarschaft, ist WimmerPuchinger gelegen: Hat man doch in einem so kinderreichen Stadtteil den großen Bedarf bei Müttern und Vätern eruiert, sich auch einmal in Sachen Betreuung des Nachwuchses helfen zu lassen. Daher ist man nun auf der Suche nach „Buddies“, die die lieben

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Am See. Stand-up-Paddling, Winterschwimmen oder Entlangschlendern.

Freiraum. Die Seestadt bietet Platz für zahlreiche Sportevents.

Kleinen übernehmen, wenn Mama oder Papa arbeiten, sporteln wollen oder eine Auszeit brauchen: „Die Idee ist, dass in der Seestadt, die heute schon die Größe einer Kleinstadt hat, jemand von um die Ecke rasch kommen kann, wenn er oder sie spontan für die Kinder gebraucht wird.“ Von klein auf bewegen. Apropos Kinder und Eltern: „Für sie hat der Turnverein das Projekt ‚Turngarten‘ initiiert, mit dem die Trainerinnen Sport mitten in den Alltag hineintragen wollen und gemeinsames Bewegen von Familien anregen – direkt vor der Haustür. Es ist einfach toll, wenn du dich hier überall bewegen kannst. Die ganze Seestadt fordert dich ja förmlich auf, aktiv zu werden. Es gibt inzwischen auch schon ein Angebot für die Generation 60+“, berichtet Wimmer-Puchinger über eine Initiative der Wiener Gesundheitsförderung GmbH, während eine Gruppe Nordic Walker an uns vorbeigeht. Groß war die Resonanz im letzten Coronawinter, als das Projekt „Stiegenfit“ in Kooperation mit dem Turnverein erfunden wurde, weil während der Lockdowns die Fitnessmöglichkeiten beschränkt waren: Hier erklärte man kurzerhand Stiegenhäuser mehrerer Gebäude in der Seestadt zum „Fitnesscenter“. Plakate und Youtube-Videos regten dazu an, mit einer Luftschnur Seil zu springen, Hampelmänner, Wechselsprünge, aber auch Dehnungsund Yogaübungen im Stiegenhaus zu machen: „In den Stiegenhäusern, die zum Sportplatz auf Zeit wurden, gibt es genug Platz, viel Luftvolumen und gute Luftfilter – das war eine sichere und besondere Art Sport zu machen und wurde großartig angenommen.“

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Abgesehen vom Turnverein ist die Volkshochschule Seestadt ein wichtiger Partner für die Anliegen, die sich ja nicht nur auf körperliche, sondern auch auf mentale Gesundheit beziehen. Ob es nun um Vorträge zu digitaler Kompetenz oder zum Thema Impfen geht, Interessierte bekommen hier Informationen. Ein „Frauenabend“ zum Austausch wird beispielsweise in der VHS organisiert. „Die Seestadt ist ja deklarierte Frauenstadt, wo sonst sind alle Straßen nach Frauen benannt? Gerade hier wollen wir auf

Uns liegen Angebote next door am Herzen. In der Seestadt kann man vieles von Anfang an einbetten. Beate Wimmer-Puchinger

Entlangwalken. Auf Lauf- und Nordic-WalkingStrecken Frischluft tanken.

die weibliche Hälfte der Bevölkerung besonders schauen.“ Und auch in ihrer neuen Lieblingsbuchhandlung, wie Wimmer-Puchinger sie beschreibt, den Seeseiten auf der Janis-Joplin-Promenade, gab es einen Abend zum Thema Brustkrebsvorsorge. „Es ist genial, wenn man sogar in der Buchhandlung Gesundheit generieren kann – und es passt wieder zu unserem Konzept, Gesundheitsinformationen nah an den Alltag der Menschen zu bringen.“ Initiativen für die Nachbarschaft. Das möchte man demnächst auch wieder bei einem Angebot für Familien machen: So wie man im Sommer bei einem Family Picknick im Hannah-Arendt-Park über die Angebote von gemeinsam gesund speziell für Familien informiert hat, will man nun bei der von Seestädter Gewerbetreibenden und Vereinen organisierten Aktion „Lebender Adventkalender“ einen Einblick in Initiativen für Kinder geben. „Uns liegen Angebote next door am Herzen. Das Tolle ist, dass die Menschen hier gut erreichbar sind, weil hier Vernetzung – zum Beispiel über das Stadtteilmanagement – immer schon großgeschrieben wurde. Wobei wir ja hoffen, dass unsere Initiativen auch die Nachbarschaft erreichen. Die große Chance bei einem so innovativen Stadtteil ist, dass man vieles von Anfang an einbetten kann.“ Spricht's und freut sich über zwei Kinder, die an Turngeräten gerade mit aller Kraft versuchen, ein Gewicht mit den Armen herunterzuziehen. „Es ist schön zu sehen, dass so vieles, was wir hier initiiert haben, auf fruchtbaren Boden fällt.“ Infos und nächste Termine: https://gemeinsam-gesund-seestadt.at/


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Fotos: BA-Studios Seestadt/Alexi Pelekanos (1), Paul Sebesta (1), Luiza Puiu; Illustration: Claudia Kozák

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Seestadtpromenade

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Wangari Muta Maathai: Die 1940 als Tochter eines Bauern geborene Kenianerin erhielt als erste Afrikanerin den Friedensnobelpreis für ihr Umweltengagement. Sie studierte in den USA und Deutschland Biologie und Veterinärmedizin. Ab den 1970er-Jahren setzte sie sich sich mit ihrem „Green Belt Movement“ für Aufforstungen in Kenia ein. 2003–2007 war sie stellvertretende Umweltministerin. Nach ihr ist einer der zentralen Plätze im Seeparkquartier benannt.

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Zuschauen In den BA-Studios Anna-Müller-Straße entsteht Kunst. www.bak-magazin.at

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uf viel Burgenland und dazu k ar Ja ein bisschen weite Welt -P nis ka z -Jo t r e pli trifft man bei Josef Thüringer in n-P -H a e ll rom ß e a Y r en t seiner Greißlerei und Vinothek. S ad lt e r A Frisches Gemüse, ausgesuchte Mitarbeiten e Ils Coworking-Spaces Weine, Fisch, Fleisch, Eier aus unweit des Sees. G der Region Seewinkel finden as se se as www.lakefirst.at -G sich hier mit Schnecken, ic c o m Fle Tr i Pr isc ude Insekten und Fair Food aus h Ga ma ss nn e Afrika ein. Zu Mittag gibt es e in es ß n Ag Gertrud-B tra od S en wie Josefs Seewinkel auchrlt- gesunde ser -Gasse A Köstlichkeiten zum Mitnehmen. e in kyrm vs Bei einem platten Fahrradreifen Mela-Spira-Gasse Heaso latz YellaHertzkahilft United in Cycling ebenso D P Park wie bei akutem Koffeinbedarf. Zugreifen Kalorien abbauen kann man HannahTusch-Straße MariaFair-Food-Laden und ein paar Schritte weiter in der ArendtPlatz Mittagsschmankerln. Volkshochschule, die ganz im www.josefs-seewinkel.at Zeichen von „Gesund und Fit“ HannahArendtPark steht und zahlreiche Kurse zum Thema anbietet. In denLegathServicedGasse GiselaApartments des Vienna Academic Guesthouse wird zum Wohnen eingecheckt. Madame-d'Ora-Park

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im Vienna Academic Guesthouse. www.room4rent.at

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Arbeiten und Schauen, lässt sich in der Seestadt lässig

verbinden. Bei Autodidaktin und Malerin Renate Rippels „künstlerischer Gemischt-

Schauen

warenhandlung“, der Galerie

und entdecken

können Künstler*innen in den

Das Seeparkquartier liegt im Herzen der Seestadt. Es

den Erdgeschoßräumen der

ist nicht nur ein Top-Standort für Büro, Handel und

Schaudium. Interessierte Bank Austria Studios in Hochgarage über die Schulter schauen. Und entspannt

Gewerbe, sondern bietet in seiner Fußgängerzone

gearbeitet und genetzwerkt

mit Blick auf den See auch vielfältige kulinarische,

wird im neuen Coworking-

künstlerische und sportliche Abwechslung.

Space Lakefirst mit dem See gleich ums Eck.

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Case Study

Auto abstellen und Kultur tanken Ungewöhnliche Konzepte sind zum Markenzeichen der Seestadt geworden. Die Kulturgarage ist ein weiteres Beispiel dafür. Anfang 2022 wird eröffnet. Von Marie-Theres Stremnitzer, Fotos: Mirjam Reither

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Mit vereinten Kräften. Auch zum gemeinsamen Fototermin. Von links: Herbert Schweiger, Geschäftsführer der Wiener VHS, Benedikt Karasek, Co-Gründer und Co-Geschäftsführer Sipario, Christoph Schäffer, Geschäftsführer Wohnbauvereinigung GFW, Künstlerin Hanna Schimek, Jérôme Berg, Co-Gründer und Co-GF Sipario.

Bunt. Die Farben des historischen Wien auf der Kulturgarage.

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ehrfach „volltanken, bitte!“, heißt es ab Jänner 2022 in der Kulturgarage Seestadt, denn hier kommt vieles zusammen: Mobilität und Kultur, Menschen und Autos, Seestadtbewohner und Gäste, Künstler und Publikum. Schon von der U-Bahn aus ist das Gebäude, das zwischen fünf umliegenden geförderten Wohnbauten steht, ein Hingucker und an seinen bunten, stahlgerahmten Farbsegeln leicht zu erkennen. Was sich dahinter verbirgt, darf aber noch mehr überraschen als die Fassade selbst. Denn während in den oberen Etagen der Hochgarage bis zu 537 Autos parken und E-Autos an modernster E-Infrastruktur ihre Batterien aufladen können, laden im Erd- und Sockelgeschoß künftig Menschen Geist und Seele mit Musik, Theater und Veranstaltungen auf. Beispiellose Kombination. Für das ungewöhnliche Konzept bündelten ganz unterschiedliche Kenner, Könner und Ideenspender ihre Kräfte und betraten mit der Umsetzung des Projekts, in dem sie Mobilität, Bildung und Kultur unter einem Dach vereinen, ziemlich einzigartiges und beispielloses Neuland, wie Christoph Schäffer, Geschäftsführer des Bauträgers Wohnbauvereinigung GFW erklärt: „Was wir hier gemacht haben, geht weit über das klassische gemein-

nützige Bauen hinaus. Wir haben eine tolle Kombination geschaffen, die nicht sofort augenscheinlich ist. Dafür haben die Architekten Frank und Partner, Fasch & Fuchs, die Wiener Volkshochschulen, die Baufirma Hazet und Wien 3420 mit uns an einem Strang gezogen.“ Welche Herausforderung damit angenommen wurde, wird klar, wenn man das Gebäude betritt. Ein helles, einladendes Foyer, eine großzügige Sitzstiege, die in das untere Geschoß des Foyers führt und auch dieses zu einem Veranstaltungsraum umfunktionierbar macht; und von dort aus betritt man einen Theater- und Konzertraum, der für bis zu 500 Zuschauer im wahrsten

Was wir in der Kulturgarage gemacht haben, geht weit über das klassische gemeinnützige Bauen hinaus. Wir haben eine tolle Kombination geschaffen, die nicht sofort augenscheinlich ist. Christoph Schäffer

Sinne des Wortes alle Stücke spielt. Und über dem Saal – gewissermaßen schwebend – fünf Etagen Autostellplätze. Die Statik war hierbei naturgemäß ein Thema, schließlich ging es einerseits darum, ohne Stützpfeiler auszukommen und allen Zuschauern freie Sicht auf die Bühne zu ermöglichen, andererseits – und das sei das wirklich Herausfordernde gewesen, so Schäffer –, musste die Garage für den ungestörten Kulturgenuss akustisch vom Theater entkoppelt werden. Aber „es kann nicht komplex genug sein, als dass es nicht umsetzbar wäre“, freut sich der Ingenieur sichtlich über das gelungene Projekt. Bühne frei. Für eben diesen Kulturgenuss, der demnächst mit einem Soft Opening starten soll, sorgt die Agentur Sipario unter der Leitung von Jérôme Berg und Benedikt Karasek. Sie kümmern sich im Auftrag der VHS um die Beratung bei der Programmierung und das Management des neuen Veranstaltungsorts – und mieten die Bühne auch gleich selbst für vier eigene Produktionen im Jahr. Der Kulturmanager Berg und der künstlerische Leiter Karasek haben sich bereits mit ihren Programmen für den Musicalsommer in Winzendorf und mit der Ausrichtung der Gala zur Nestroy-Theaterpreisverleihung einen Namen gemacht und wollen sich in der Seestadt „dem modernen Musiktheater, dem Musical widmen. „Mit einem eigenen acht- bis

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Interview

Von Anfang an starke Impulse setzen

Künstlertalk. Jérôme Berg, Hanna Schimek und Benedikt Karasek.

zehnköpfigen Orchester und einem eigenen Ensemble“, so Berg. Auf dem Plan stehen Publikumsmagnete wie „Dracula“, „Der kleine Horrorladen“, „Jesus Christ Superstar“. Natürlich sei es ein Wagnis, mit Kultur an die Peripherie zu gehen, so Berg, „es ist aber wichtig, hier einen Impuls für die Wiener Kulturlandschaft zu setzen, also warum nicht der Erste vor Ort sein? Wenn ich immer darauf warte, dass sich etwas entwickelt, werde ich immer der Letzte sein, der dort ist. Wie oft passiert es, dass neue Theater entstehen und neue Strömungen entwickelt werden?“ Neue Ballungsräume. Die Kulturgarage soll Raum für neue Ideen und Initiativen bieten, um „Kultur und Bildung zusammenzubringen, Kultur zu vermitteln. Nach dem Vorbild der Häuser der Begegnung, die eines der Herzstücke der Wiener Volkshochschulen sind, „wollen wir hier einen noch stärkeren Schwerpunkt auf die Kultur legen, denn für solch ein großes Stadtentwicklungsgebiet ist eine Institution wie die Kulturgarage identitätsstiftend“, erklärt der Geschäftsführer der VHS Wien Herbert Schweiger. Dafür wurden bereits im Vorfeld zahlreiche Gespräche mit Kulturschaffenden geführt, die, so Schweiger weiter, ihr Programm gerne in den Randgebieten der Stadt zeigen und dadurch Menschen in aufstrebenden Teilen Wiens erreichen wollen, denn „Randbezirke werden immer mehr zu Ballungszentren, und die Erreichbarkeit könnte auch in der Kulturgarage kaum bequemer sein.“ Fünf Gehminuten

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Wir wollen hier einen noch stärkeren Schwerpunkt auf die Kultur legen. Herbert Schweiger

sind es von der U-Bahnstation Seestadt dorthin. Die Fassadengestaltung stammt vom Architekturbüro Fasch & Fuchs, das Farbkonzept und die künstlerische Forschungsarbeit von Hanna Schimek unter Mitwirkung von Jakob Fuchs, die der Frage nachgegangen sind: „Welche Farben trägt die Stadt?“ Und kurzerhand die moderne Seestadt mit dem Wien der Gründerzeit und seinen Fassaden in Verbindung gebracht hat, indem sie die Farbe eines jeden Hauses der Stumpergasse in Mariahilf auf die Fassade der Kulturgarage gebracht hat. „Ich finde es schön, einen Teil des historisch gewachsenen Wien auf der Fassade einer Kulturstätte widerzuspiegeln, die in einem der größten Stadtentwicklungsprojekte Europas steht“, erklärt Schimek. Auch im Saal ist sie für das Farbkonzept verantwortlich. „Culture must shine! Kultur muss leuchten, um als solche wahrgenommen zu werden. Das wollte ich gestalterisch umsetzen.“ Künstlerkollege Karasek hakt ein: „Licht und Farbe saugen Menschen in etwas hinein, lösen Effekte aus, wie auch Musik. Am Theater kommt das alles zusammen.“

Warum ist der Seestadt die Wirtschaft so wichtig? Ganz einfach: Weil wir alle irgendwann einmal einen Job brauchen. Je näher oder einfacher der mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zu Fuß oder mit dem Rad erreichbar ist, umso besser für Mensch und Umwelt. Gibt es für Sie als Stadtentwickler besonders wichtige Branchen? Am Anfang war klar, wir mussten etwas für die Nahversorgung im Sinne kurzer Wege tun. Unsere Lösung dafür war die „gemanagte Einkaufsstraße“. Die Coronakrise zeigt, das Konzept funktioniert sogar jetzt. Kultur, Sport und zukunftsorientierte Wirtschaftsbranchen wie Energie und Umwelttechnologien stehen ebenso im Mittelpunkt. Aber ist die Seestadt nicht auch als Smart City bekannt? Klar, und da setzte die Wirtschaftsagentur Wien von Anfang an ganz starke Impulse, wie mit dem Technologiezentrum Seestadt für Industrie 4.0, Forschungseinrichtungen etc. Dafür muss man sich bedanken. Jetzt wachsen nebenan neue Unternehmen aus dem Boden, z. B. drei namhafte innovative Biotech-Unternehmen, Biomay, Hookipa und Takeda, die hier forschen, entwickeln und produzieren. Atos, Kapsch, Siemens, Hoerbiger sind schon da. Und es kommen weitere nach. Ab jetzt also alle Kraft in die Digitalisierung? Das ist wichtig, aber nicht alles. Der Mensch möchte es sich ja auch gut gehen lassen – mit Gelato vom Eissalon am Schwedenplatz oder bei unserem Neuzugang, der Kasnudl Stadtküche. Oder beim kulturellen Angebot wie der Kulturgarage.

Fotos: APA Fotoservice & Ludwig Schedl (1)

Alexander Kopecek, Vorstand der Wien 3420 AG, über die Seestadt als Einzugsgebiet und Wirtschaftsmotor.


Grüne Saite Lokal verankerte, erholsame, grüne Freiräume, vernetzt mit den übergeordneten Landschaftsund unterschiedlichen Wohnräumen im Sinne eines „grünen Wohnzimmers“ als Treffpunkt für die Nachbarschaft, das ist eine der „vier Saiten“ der Seestadt, die als erweiterter Lebensraum gemeinsam zum Klingen gebracht werden. Nach der „Roten Saite“ lobt die Wien 3420 AG nun auch für die landschaftsplanerische Gestaltung der „Grünen Saite“ einen Wettbewerb aus, der eine qualitätvolle und zukunftsfähige Grünraumentwicklung im Norden der Seestadt schaffen soll. Die Wettbewerbsunterlagen sind abrufbar unter gv.vergabeportal.at/ Detail/114884

Fotos: kasnudl.com, Christine Schmidl, Luiza Puiu

KONFERENZ Die Seestädter Gesundheitskonferenz geht in ihre vierte Runde. Am 25. Jänner diskutieren nationale und internationale Top-ExpertInnen zum Schwerpunkt Zusammenhang von Primärversorgung, Frauengesundheit und wohnortnaher Gesundheitsversorgung. Organisiert wird die Konferenz von der Projektleiterin von Gemeinsam gesund – das Gesundheitsnetzwerk der Seestadt, Beate Wimmer-Puchinger (siehe auch Seite 16) und ihrem Team. Anmeldung zur virtuellen und kostenlosen Teilname: bit.ly/ Gesundheitskonferenz

Advent, Advent Vom 1. bis 24. 12. 2021 öffnen an 24 unterschiedlichen Standorten Unternehmer*innen und Organisationen die Adventfenster. Jeden Tag gibt es woanders kleine Überraschungen für Kinder und Erwachsene. Bis 12. 12. still und ohne Feiern, nach dem Lockdown werden die Fenster mit Programm geöffnet. Schön gestaltete Adventschaufenster erfreuen beim Spaziergang durch die Seestadt. www.aspern-seestadt.at

what´s next Robust Der nachhaltige Rucksack Paper-Bag der Designerinnen Martina und Eva-Maria Halmer hat erfolgreich die Kickstarterkampagne gemeistert. Nun geht das federleichte Raumwunder aus der Seestadt in Produktion. www.paper-bag.at

KASNUDLN FÜR WIEN Nachhaltige Stadtentwicklung trifft auf innovatives Handwerksprodukt. In der Kasnudl Stadtküche schafft Gründer Andreas Schrittesser mit seinem Team eine Schnittstelle zwischen regionaler Landwirtschaft und Menschen, die Handwerk schätzen. Über 20 Sorten Kasnudln, herzhaft, vegetarisch, vegan oder süß, werden hier in der Seestadt produziert. Die Zutaten liefern Landwirte rund um Wien. Ein Crowdfunding, das mit Rabatten auf die StadtkücheProdukte und coolen Goodies wie Utensilien zur Zubereitung der Teigtaschen belohnt wird, hilft dem Unternehmen dabei auch die letzten Rohstoffe aus hundertprozentig biologischem Anbau zu beziehen. www.kasnudl.com

! Location. Tagungen, Kongresse, Messen, Firmenevents, aber auch private Feiern – auf individuell kombinierbaren Flächen haben ab dem Frühjahr 2022 in der neuen Eventlocation Ariana bis zu 800 Personen Platz. www.ariana-event.at

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